Ännchen von Tharau

Ein Lied aus "Des Knaben Wunderhorn"

"Die Gedanken sind frei", "Guten Abend, gute Nacht", "Maikäfer flieg" und "Wenn ich ein Vöglein wär". Diese bekannten Volkslieder gehören zu der Sammlung "Des Knaben Wunderhorn", die vor 200 Jahren von Achim von Arnim und Clemens Brentano veröffentlicht worden ist.

Das Jahr 1806 war geprägt von tiefgreifenden politischen Veränderungen im Herzen Europas. Das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation" löste sich unter dem Druck Napoleons auf. An seine Stelle trat der Rheinbund, der die meisten deutschen Staaten zu Vasallen Frankreichs machte. Nur Preußen widersetzte sich und wurde bei Jena und Auerstedt von Napoleon geschlagen.

"Des Knaben Wunderhorn" war also zunächst ein literarischer Protest gegen den Machtanspruch Napoleons und eine Rückbesinnung auf die deutsche Identität angesichts der Begegnung mit der französischen Kultur und Sprache. Durch die Vertonungen von Gustav Mahler und anderen Komponisten wandelte sich diese Liedersammlung jedoch zu einem – auch in Frankreich - geschätzten Werk der Weltliteratur.

Mein persönliches Lieblingslied ist das "Ännchen von Tharau", das der aus Memel stammende Dichter Simon Dach in Samländer Platt geschrieben hat. Dieses Lied ist der Pfarrerstochter Anna Neander gewidmet, die im Jahr 1637 den Prediger Johannes Portatius heiratete. Der Text zeugt von dem Schmerz des Dichters über seine unerfüllte Liebe zur Braut: "Krankheit, Verfolgung, Betrübnis und Pein / soll unsrer Liebe Verknotigung sein. / Ännchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn, / mein Leben schließ' ich um deines herum".

Erst heute sind die beiden glücklich vereint: Im litauischen Klaipeda, dem früheren Memel, steht ein Springbrunnen, der Simon Dach gewidmet ist. Und in der Mitte dieses Brunnens erinnert eine Figur an die große Liebe des Dichters: das Ännchen von Tharau.


 

 

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