Ich habe fertig!

Trapattonis Wutrede

Grammatikalisch falsch, aber äußerst emotional. Dreieinhalb Minuten dauerte die Wutrede, die der damalige Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni am 10. März 1998 - zwei Tage nach einer 0:1-Niederlage gegen Schalke - im Rahmen einer Pressekonferenz hielt. Der Wortlaut dieser Rede ist auch nach zehn Jahren unvergessen. Hier einige Auszüge:

"Ein Trainer ist nicht ein Idiot. Ein Trainer seh, was passieren in Platz. In diese Spiel, es waren zwei, drei, diese Spieler ware schwach wie Flasche leer". "Struunz! Struunz is zwei Jahre hier und hat gespielt seine Spiel. Is immer verletzt. Was erlaube Struunz?". "Ich bin müde jetzt der Vater dieser Spieler ... Ich habe fertig!".

Wäre Trapattoni ein Politiker, so hätte ihn dieser unkontrollierte Gefühlsausbruch nicht nur in die öffentliche Kritik gebracht, sondern auch für den politischen Gegner angreifbar gemacht. Doch als Fußballtrainer legte er mit seiner Wutrede den Grundstein für das Ansehen, das er noch heute in unserem Land genießt.

Als Sympathieträger wirbt er z.B. mit den Worten "nicht wie Flasche leer" für ein Mineralwasser. Eine Talkrunde im Nachrichtensender N24 trägt den Titel "Was erlauben Strunz?". Und die SPD kommentierte die Abwahl Helmut Kohls auf einem Plakat mit den Worten "Ich habe fertig!". Diese drei Zitate gehören schon längst zu den geflügelten Worten.

Mir gefällt Trapattonis Rede, weil sie deutlich macht: Wut ist nichts Anstößiges, sondern etwas zutiefst Menschliches. Wir Menschen brauchen ein Ventil, das wir hin und wieder öffnen können - nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern auch in Ehe und Familie, in Schule und Beruf und sogar im Raum der Kirche. Ich liebe den Streit zwar nicht, aber ich liebe den anderen im Streit. Und wenn ich ihm den Konflikt verweigere, dann liebe ich ihn nicht. Ich halte es für wichtig, Konflikte offen auszutragen und sie rechtzeitig wieder zu beenden.

"Rechtzeitig" heißt – nach christlichem Verständnis – "bis zum Abend". Denn die Bibel sagt: "Lass die Sonne nicht untergehen über deinem Zorn".


 

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