Auf dem Weg zum Kap

Der Kälte- und der Wärmestrom

Das Kap der Guten Hoffnung ist die Südwestspitze des Kontinents Afrika. Es liegt 44 km südlich der nach ihm benannten Metropole Kapstadt und wurde im Jahr 1488 erstmals von einem Europäer gesichtet – und zwar von dem portugiesischen Seefahrer Bartolomeu Dias.

Meine Frau und ich haben uns in Kapstadt ein Auto gemietet und sind dann über eine Mautstraße, den berühmten Chapmans Peak Drive, nach Süden gefahren - bis zu einem Wanderparkplatz. Von dort führt ein schmaler Fußweg über einen gezackten Grat bis zu einem kleinen Leuchtturm.

Dieser Weg ist spektakulär, denn man schaut aus schwindelerregender Höhe auf zwei Weltmeere gleichzeitig. Rechts ist der Atlantik und links der Indische Ozean. Der Atlantik ist dunkelblau, der Indische Ozean olivgrün. Die Ursache dafür sind zwei unterschiedliche Meeresströmungen. Rechts fließt der kalte Benguelastrom. Er führt zur Bildung der Namibwüste. Links fließt der warme Agulhasstrom. Er lässt die Gartenroute erblühen.

Auch in unserer Kirche gibt es zwei Strömungen. Der Kältestrom, das ist die Verwaltungsarbeit, die jeden Tag geleistet werden muss, die Landesstellenplanung und die Immobilienbewertung. Zum Kältestrom gehört auch das sogenannte Präventionskonzept. Wir fragen uns zu Recht: Wie können wir die uns anvertrauten Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, besser schützen? Aber: Die Antwort allein schafft noch kein neues Leben. Denn was nutzt das beste Schutzkonzept, wenn es im Raum der Kirche keine jungen Menschen mehr gibt?

Darum muss es noch etwas anderes geben, einen Wärmestrom. Der Wärmestrom, das sind die Gottesdienste, die wir miteinander feiern, und die anschließenden Gespräche beim Kirchenkaffee, die Chorproben und die Konzerte, die Gemeindeausflüge und auch die Jugendreisen.

Beide Ströme sind wichtig. Denn ohne sie gäbe es kein kirchliches Leben. Aber: Der Kältestrom darf niemals stärker werden als der Wärmestrom. Denn nur der Wärmestrom führt dazu, dass Menschen in der Kirche bleiben, weiterhin den Gottesdienst besuchen und sich ehrenamtlich engagieren. Nur der Wärmestrom schafft neues Leben.

Niko Natzschka


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