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Fasse dich kurzBeten ist Reden mit Gott und Hören "Fasse dich kurz!". Dieser Spruch stand früher an jeder Telefonzelle. Mich hat schon als Kind gewundert, dass sich erwachsene Menschen so einfach mit "Du" anreden lassen. Später habe ich mich dann gefragt, warum Nahgespräche so billig und Ferngespräche so teuer sind. Denn der entscheidende Kostenfaktor bei Telefonaten war schon damals nicht die Entfernung, sondern die Gesprächsdauer. Heute kann ich über den Satz "Fasse dich kurz!" nur noch schmunzeln. Denn die meisten Bundesbürger haben ein Handy und telefonieren, solange sie wollen. Die letzten Telefonzellen werden schon bald aus dem Stadtbild von Würzburg verschwinden, was mich trotz der notorisch zerschlissenen Telefonbücher ein wenig wehmütig stimmt. "Fasse dich kurz!". Dieser Satz steht auch in der Bibel, wenn auch in etwas anderer Form. Jesus sagt einmal zu seinen Jüngern: "Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden. Denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr beten: Vater unser im Himmel". Das Vaterunser besteht aus 63 Wörtern, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung enthält 300 Wörter, die Verordnung der Europäischen Gemeinschaft über den Import von Karamelbonbons hat aber exakt 25.911 Wörter. Dieser Vergleich macht deutlich, dass es nicht auf die Zahl der Wörter ankommt, sondern auf ihr Gewicht. Jesus wehrt sich nicht nur gegen den inflationären Gebrauch des Gebets, sondern er distanziert sich auch von den Betern, die ihre Frömmigkeit in der Öffentlichkeit zur Schau stellen. Der katholische Pfarrer Lothar Zenetti schreibt: "Wenn du beten willst, so geh in dein Kämmerlein, dein Dunkelkämmerlein, und entwickle das Bild, das Gott sich von dir gemacht hat". Beten heißt also nicht nur Reden mit Gott, sondern auch Hören auf das, was er uns zu sagen. Der heutige Sonntag mit dem lateinischen Namen "Rogate", d.h. "Betet!", lädt uns dazu ein.
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