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Der Schuster MartinBesuch im Keller Das Wort "Advent" kommt aus dem Lateinischen und heißt "Ankunft". Die Kirche feiert am 1. Advent die Ankunft ihres Herrn, den sie als König besingt, obwohl er nicht selten die Gestalt von Armen und Schwachen annimmt. Davon weiß auch der russische Schriftsteller Leo Tolstoi zu berichten. Es war einmal ein Schuster. Der hieß Martin. Er wohnte in einem Keller, der zugleich seine Werkstatt war. Durch ein kleines Fenster konnte er die Schuhe der Menschen sehen, die draußen auf der Straße vorbeigingen. Martin lebte ganz allein. Denn seine über alles geliebte Frau war gestorben. "Ich bin so einsam", klagte er immer wieder. Eines Abends zündete Martin eine Lampe an, holte seine alte Bibel aus dem Schrank, schlug sie auf und las, bis er einschlief. Im Traum erschien ihm der Herr: "Martin, du sollst nicht länger einsam sein. Morgen werden ich dich besuchen". Voller Freude stand Martin am nächsten Morgen auf. Er sah zum Fenster hinaus und entdeckte ein paar Stiefel. Sie gehörten einem alten Mann namens Stepan, der draußen Schnee schaufelte. Den holte Martin in seine Wohnung, gab ihm einen heißen Tee und hüllte ihn in seinen Mantel. Dann entdeckte er eine frierende Mutter mit ihrem kleinen Kind. Die setzte Martin an seinen Ofen und gab ihnen eine Suppe mit Brot. Schließlich hörte er draußen ein lautes Geschrei. Eine Marktfrau schlug auf einen Jungen ein, der einen Apfel aus ihrem Korb gestohlen hatte. Martin stürzte nach draußen und bezahlte den Apfel. Der Junge bat um Verzeihung und half der Frau beim Tragen des Korbs. Am Abend zündete Martin wieder seine Lampe an und schlief über der Bibel ein. "Herr", sagte Martin enttäuscht. "Ich habe den ganzen Tag auf dich gewartet. Aber du bist nicht gekommen". Da antwortete der Herr: "Ich bin doch längst da gewesen". Dann verwandelte er sich im Schein der Lampe in den alten Stepan, die Mutter mit ihrem Kind, den Jungen und die Marktfrau. Zuletzt sagte der Herr: "Was du getan hast einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das hast du mir getan".
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