Nachgedacht

Unsere Leute machen den Unterschied

Der Frühling ist da. Auch in meinem Supermarkt blüht das Leben in ungeahnter Weise. Die großen Drehtüren schaufeln unentwegt neue Leute in den Konsumtempel. Auch ich bin einer von den Kunden, die sich die Qualität von Varin wünschen, aber nur die Preise von Aldi zahlen wollen. Es hat sich einiges getan, seit der Supermarkt im letzten Jahr seinen Namen und damit auch seinen Besitzer gewechselt hat: Die Gänge sind breiter geworden. Die Regale sind besser geordnet und übersichtlicher beschildert. Das Gemüse sieht noch frischer aus als früher. Sogar die Mitarbeiter sind irgendwie freundlicher geworden. Vielleicht liegt das auch nur an dem blauen Kittel, den sie neuerdings tragen müssen. Dieser Kittel trägt den Schriftzug "Unsere Leute machen den Unterschied", auch wenn der neue Besitzer den alten Personalstand weitgehend übernommen hat.

Trotz aller Verbesserungen, das Grundproblem dieses Supermarktes ist geblieben: Es gibt keinen direkten Weg von der Lebensmittelabteilung zur Kasse. Auch an diesem Frühlingsnachmittag muss ich meinen Einkaufswagen durch die Kleiderabteilung schieben. Der Anblick von Turnschuhen, Badehosen und Damenunterwäsche fördert nicht unbedingt meinen Appetit auf das Abendessen. Darum beschleunige ich meinen Schritt und stoße prompt mit einer Dame zusammen, die gerade aus der Umkleidekabine kommt. Nach einer kurzen Entschuldigung setze ich meinen Slalomlauf durch die Kleiderständer fort.

Endlich erreiche ich eine freie Kasse. Doch nein, im letzten Moment hat sich ein älteres Ehepaar vor mich geschoben. Während die Frau in aller Seelenruhe ihre Waren aufs Band lädt, beginnt der Mann in seinem Geldbeutel zu wühlen. Gewiss, ich habe nichts gegen Senioren. Aber mir fällt doch auf, dass die beiden sich gegenseitig mit "Opa" und "Oma" anreden. Darum entschließe ich mich, so schnell wie möglich die Kasse zu wechseln. Doch zu spät: Hinter mir hat sich eine junge Mutter angestellt, die von ihrem kleinen Sohn mit "Sabine" angesprochen wird. Nein, ich habe keine Vorurteile gegenüber Kindern. Mich stört nur, dass der Junge mir ständig Mutters Einkaufswagen in die Beine stößt, während Sabine interessiert zuschaut.

So stehe ich, eingekeilt zwischen den Generationen, an der Kasse meines Supermarktes. Ich könnte schreien, weinen und fluchen. Doch plötzlich denke ich mir: Vielleicht schickt Gott hin und wieder seine Engel, um die Qualität des himmlischen Bodenpersonals zu testen. Vielleicht sehen diese Engel aus wie Opas, Omas und kleine Bengel und sollen nur eins herausfinden. Ob die Kirche auch von ihren Mitarbeitern sagen kann: "Unsere Leute machen den Unterschied".


 

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