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Vielleicht wird's nie wieder so schönEin dankbarer Rückblick Manchmal denke ich daran, wie es war, als ich ein Kind war. Ich hatte oft Angst, vor allem abends, wenn ich allein in meinem Bett lag und nicht einschlafen konnte. Manchmal durfte ich in das Schlafzimmer meiner Eltern gehen und mich in die Rille zwischen ihren Betten legen. Da fühlte ich mich sicher und geborgen. Und ich dachte mir: "Vielleicht wird's nie wieder so schön". Manchmal denke ich daran, wie es war, als ich ein Konfirmand war. Da fuhr ich mit anderen Konfirmanden auf eine Freizeit, in ein Haus am See. Mitten in der Nacht, der Pfarrer schlief tief und fest, da standen wir auf und schwammen nackt durch den See. Beim Abtrocknen sahen wir uns im Mondlicht ganz schüchtern an. Und ich dachte mir: "Vielleicht wird's nie wieder so schön". Manchmal denke ich daran, wie es war, als ich ein Student war. Ich saß mit anderen Studenten auf Obstkisten. Wir tranken Rotwein vom Aldi und aßen Pizza aus Pappdeckeln. Wir sangen Lieder wie "Danke für diesen guten Morgen", "Dona nobis pacem" und "Let it be". In diesem Kreis sah ich meine Frau zum ersten Mal. Und ich dachte mir: "Vielleicht wird's nie wieder so schön". Manchmal denke ich daran, wie es war, als wir vor den Traualtar traten. Die Glocken läuteten, der Hochzeitsmarsch erklang, meine Frau und ich zogen in die Kirche ein. Wir waren so aufgeregt, dass wir die Ringe verwechselten. Beim Auszug streuten die Kinder Blumen. Und unsere Freunde standen Spalier. Und ich dachte mir: "Vielleicht wird's nie wieder so schön". Manchmal denke ich daran, wie es war, als meine Oma starb. Meine Eltern und ich saßen an ihrem Bett, einen Tag und eine Nacht. Meine Mutter hielt die Hand ihrer Mutter, mein Vater las aus der Bibel vor. Am nächsten Morgen öffnete die Oma noch einmal kurz ihre Augen und schlief dann mit einem Lächeln ein. Und ich dachte mir: "Vielleicht wird's nie wieder so schön".
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