Der vierfache Auftrag der Kirche

Die Krise als Chance

Die Kirche ist in der Krise. Daran kann kein Zweifel bestehen. Sie hat keine gute Presse. Täglich gibt es neue Vorwürfe. Nicht alle sind berechtigt, aber viele schon. Die Austritte mehren sich. Die Steuern gehen zurück. Ist das ein Problem? Ich meine, nein.

Denn jede Krise ist zugleich eine Chance. Die Kirche hat jetzt die Chance, sich die Frage zu stellen, warum sie überhaupt da ist. Die Aufgabe der Kirche besteht nicht darin, möglichst viel Geld anzuhäufen oder Macht über andere Menschen auszuüben.

Der Schweizer Pfarrer Kurt Marti (geb. 1921) sagt: "Die Kirche des Geistes sind unsere Körper, schrieb der Epileptiker einst nach Korinth (gemeint ist Paulus). Darum dann: Umarmungen, Küsse und heilige Mähler. Erst später: Kirchen aus Stein".

Schon die frühe Kirche hat ihren Auftrag mit drei griechischen Begriffen beschrieben: "Martyria", "Liturgia" und "Diakonia".

Martyria - das ist das Zeugnis, die Verkündigung des Evangeliums, die Ausbreitung der Frohen Botschaft, die auch die Bereitschaft zum Leiden mit einschließt. Martyria, das ist der bezeugte Glaube.

Liturgia - das ist der Gottesdienst, das gemeinsame Singen und Beten in Dank und Fürbitte, die Feier des Abendmahls, die Begegnung mit Christus in Brot und Wein. Liturgia, das ist der gefeierte Glaube.

Diakonia - das ist der Dienst am Menschen, die Unterstützung der Bedürftigen im eigenen Land, aber auch die tätige Nächstenliebe unter den Armen der ganzen Welt. Diakonia, das ist der angewandte Glaube.

Das Zweite Vatikanischen Konzil hat noch einen vierten Begriff hinzugefügt: "Koinonia".

Koinonia – das ist die Gemeinschaft, der Austausch nach dem Gottesdienst, der Kirchenkaffee, das gemeinsame Mittagessen, das Sommerfest, der Wandertag, der Gemeindeausflug. Koinonia, das ist der gelebte Glaube.

Die Kirche ist in der Krise, kein Zweifel. Aber sie ist dadurch nicht in ihrer Existenz gefährdet. Im Gegenteil. Die gegenwärtige Krise ist das Beste, was der Kirche überhaupt passieren konnte. Sie muss sich nun den berechtigten Vorwürfen stellen. Das heißt: Schuld erkennen, bekennen und um Vergebung bitten. Das ist schmerzlich, aber notwendig. Denn nur dann kann die Kirche wieder glaubwürdig das tun, was ihr aufgetragen ist: Sie soll Gottes Liebe bezeugen, seine Gegenwart feiern, den Armen dienen und allen Menschen eine Heimat bieten.


 

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