Es ist, was es ist

Zwischen Ostern und Pfingsten

"Trau dich - und zwar kirchlich!". Mit diesem Spruch wirbt die Kirche um junge Paare, die aus Angst vor dem Scheitern ihrer Beziehung unverheiratet zusammenleben. Auch der Dichter Erich Fried (1921-1988) macht Mut dazu, sich aus das Wagnis der Liebe einzulassen: "Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Es ist Unglück, sagt die Berechnung. Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst. Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Es ist lächerlich, sagt der Stolz. Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht. Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung. Es ist, was es ist, sagt die Liebe".

Dass die Liebe stärker sein kann als alle gegen sie gerichteten Vorbehalte, macht auch die folgende Geschichte deutlich: Ein junger Lehrer gab Unterricht im Haus eines Richters. Er sollte der Tochter des Hauses das Klavierspielen beibringen. Diese Tochter war kein Mädchen mehr, sondern eine bildhübsche Frau. Der Lehrer verliebte sich in seine Schülerin. Aber er wagte es nicht, ihr seine Liebe zu gestehen. Denn er war ein zurückhaltender Mann - und noch dazu hatte er einen hässlichen Buckel.

Endlich an Ostern nach dem Gottesdienst fasste er sich ein Herz. Er ging auf die junge Frau zu und gestand ihr seine Liebe. Sie schlug die Augen nieder und sagte: "Ich empfinde Achtung für Sie. Aber lieben könnte ich Sie nie. Denn mir graut vor Ihrem Buckel". Der Mann schwieg einen Augenblick. Dann fragte er: "Darf ich Dir ein Geheimnis verraten?". Sie nickte schüchtern und neugierig zugleich. Da sagte der Mann: "Bevor ich auf die Welt kam, da rief mich der Schöpfer zu sich. Er zeigte mir meine zukünftige Frau und - ob du es glaubst oder nicht - ich sah Dich. Dein Antlitz war lieblich. Aber Deine Gestalt war entstellt durch einen hässlichen Buckel. Da fiel ich auf die Knie und schrie: Herr, ich bitte dich, nimm ihr den Buckel weg! Sie soll sorgenfrei leben - und den Buckel gib mir!". Schon an Pfingsten wurden die beiden vermählt. Und sie liebten sich inniglich.


 

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