Nur für heute

Die Freiheit des Glaubens

Wüste, Wind, Weite. Sand, Sonne, Sinai. Glühende Hitze am Tag. Und klirrende Kälte in der Nacht. Faszinierende Schönheit. Und tödliche Bedrohung. Manchmal erscheint am Horizont eine Oase mit Palmen. Doch nein! Es handelt sich nur um eine Fata Morgana!

Die Israeliten sind auf dem Weg. Sie haben Gottes Wunder erlebt. Beim Auszug aus Ägypten. Und beim Durchzug durchs Rote Meer. Sie sind auf dem Weg in das gelobte Land. Wo Milch und Honig fließt. Aber der Weg ist weit. Und er führt durch die Wüste.

Da machen sich Zweifel breit: Sind wir noch auf dem richtigen Weg? Weiß Mose, wo es langgeht? Gibt es dieses gelobte Land? Warum sind wir überhaupt aus Ägypten ausgezogen? Wir waren zwar Sklaven. Aber wir hatten immer genug zu essen.

Mose kann es nicht fassen. Er muss erkennen, wie schnell er vom Volkshelden zum Buhmann geworden ist. Weil den Menschen die Sicherheit wichtiger ist als die Freiheit. Sie wollen einen Aufseher, der ihnen sagt: "Das ist richtig! Und das ist falsch!". Aber sie wollen keinen Befreier, der ihnen sagt: "Hier sind die Zehn Gebote. Entscheidet selbst, was für euch richtig und falsch ist!". Mose erkennt: Die Menschen sind zwar frei. Aber sie können mit dieser Freiheit nicht umgehen.

"Ach", jammern sie, "wären wir doch lieber in Ägypten geblieben. Früher war alles ganz anders und viel besser. Wir hatten Fleisch und Brot in Hülle und Fülle. Aber hier in der Wüste haben wir nur Hunger und Durst. Wie bekommen zu wenig Nahrung. Und daran bist du Schuld, Mose".

In dieser Situation wendet sich Mose an Gott. Und Gott lässt ihn nicht lange auf eine Antwort warten. Er schickt am Abend die Wachteln, die das Lager bedecken. Und er verstreut am Morgen das Manna, das wie Reif auf dem Boden liegt.

Und dann gibt er noch eine Anweisung: "Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht". Doch einige halten sich nicht daran. Sie sammeln mehr, um sich einem Vorrat zu schaffen. Weil sie denken: "Morgen gibt es nichts mehr". Sie bewahren das Manna über Nacht auf. Und als sie am nächsten Tag aufwachen, ist es verdorben.

Denn das Brot des Lebens lässt sich nicht konservieren. Und das Heil des Menschen lässt sich nicht auf Flaschen ziehen. Das Sammeln von Vorräten ist also ein Akt des Misstrauens. Denn Gott sorgt für den, der an ihn glaubt. Jeden Tag neu.

"Nur für heute", mit diesen Worten beginnen die Zehn Gebote der Gelassenheit, die Papst Johannes XXIII. einmal formuliert hat. Das 8. Gebot lautet: "Nur für heute werde ich fest daran glauben, selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten, dass die gütige Vorsehung Gottes sich nur um mich kümmert – so, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt".

Niko Natzschka

Copyright © 1999-2023 Martin-Luther-Kirche, Würzburg. Alle Rechte vorbehalten.
Impressum, Datenschutz, Haftungsausschluß
.